Beschreibung der Übung

Diese Übung kann ausgeführt werden als Übung für eine externe Gruppe oder für eine vorhandene Redakteurs-/ Arbeitsgruppe (siehe unten).

DIE SPIELANLEITUNG

Zuerst müssen die Identitätskarten gedruckt, ggf. kopiert und ausgeschnitten werden und dann...

1. Mische die Karten und lege sie mit der Oberseite nach unten auf einen Stapel. Jede*r Teilnehmer*in zieht sich eine "soziale Identität". Sollte die Karte zu nah an ihrer Realität sein, dürfen sie nochmal ziehen. Dann stellen sich alle mit dem Rücken an die Wand.

2. Die Teilnehmenden bekommen einige Minuten, um sich über ihre Identität und (vermutliche) Lebenssituation klarzuwerden und dürfen Fragen stellen, wenn sie etwas nicht verstehen.

3. Eine Person aus der Runde leitet das Spiel an. Es werden die folgenden Statements vorgelesen. Glaubt man, diese Fragen klar mit "ja" beantworten zu können, so darf man einen Schritt vorwärts machen. Lautet die Antwort eher "nein", "vielleicht" oder "unter gewissen Umständen", so bleibt man stehen.

DIE STATEMENTS

Mache einen Schritt vorwärts, wenn du glaubst, dass es für dich einfach ist...

  • alle Sorten des öffentlichen Nahverkehrs zu nutzen
  • zu heiraten
  • Unterstützung vom Staat zu erhalten
  • in andere Länder zu reisen
  • Alkohol zu kaufen
  • ein Auto zu fahren
  • deine Post zu erhalten
  • ein Zuhause zu finden, dass deinen Ansprüchen genügt
  • einen Pass / Personalausweis zu erhalten
  • Kinder zu adoptieren
  • einen Kredit zu bekommen
  • einen Job zu finden
  • in nächstgelegenen Club oder Kneipe Party zu machen
  • zum Zahnarzt zu gehen
  • dich anzuziehen, wie du möchtest, wenn du in der Öffentlichkeit bist
  • eine Ausbildungsstelle zu finden
  • einen Internetzugang zu bekommen

DIE DISKUSSION

Am Ende der Übung frage die Teilnehmenden, die ganz vorne stehen und auch die, die "zurückgelassen wurden", wie sie sich damit fühlen. Jetzt sollte es Zeit geben, über die Gefühle und Eindrücke zu reflektieren und zu diskutieren.

In der Diskussion können beispielweise die folgenden Fragen behandelt werden:

  • Wie hast du dich in deiner Rolle gefühlt?
  • Wie war es Erster/ Letzter zu sein?
  • Wie war es, sich nicht mit den anderen vorwärts bewegen zu können?
  • Welche Frage hat dich am meisten beschäftigt?
  • Was denkst du über den Sinn der Übung?
  • Welche Eigenschaft deiner Identität, glaubst du, hat den größten Einfluss auf dein Ergebnis?
  • Welche Aussage hat dich überrascht(bezüglich der Tatsache, dass Du einen Schritt machen bzw. nicht machen konntest)?
  • Kennst du jemanden, der zu deiner Rolle gepasst hätte? Wenn nicht, woher hast du die Information erhalten, die es dir erlaubt hat, einen Schritt vorwärts zu gehen oder was dich daran gehindert hat?

Nach der Aktivität ist es wichtig für die Teilnehmenden, der Diskussion etwas Zeit zu widmen, warum sie entschieden haben, dass ihr Charakter vorwärts gehen konnte oder nicht. Zum Beispiel, welche gesellschaftlichen Ansichten (Stereotype) oder innere Vorurteile ihre Entscheidung beeinflusst haben. Es ist wichtig hervorzuheben, dass wir alle Vorurteile besitzen und dass es notwendig ist, ihrer bewusst zu sein und sich Zeit zu nehmen, die Vorurteile und ihren Ursprung zu hinterfragen.

Es bleibt der Übungsleitung überlassen, ob zum Schluss die Teilnehmenden noch gefragt werden soll, wann sie zuletzt einen Menschen, der der "sozialen Identität" ihrer Karte entspricht, in den Medien gesehen haben...

Anpassungen für eine bestehende Redaktion

Bitte die Teilnehmenden, einen Schritt zu machen, wenn sie glauben, dass die Antwort auf die folgenden Fragen JA lautet - aber bezüglich der sozialen Identität auf der Karte, die sie gewählt haben oder die inen zugeteilt wurde.

  • Der Nachrichtensprecher (Sprache der Majorität) ist 2 Stunden vor der Sendung krank geworden, der Sender sucht Ersatz- kannst du das kurzfristig übernehmen?
  • Kannst du dich vor Belästigung sicher fühlen bei der Arbeit und auf deinem Arbeitsweg?
  • Kannst du dich frei beim Radiosender bewegen und hast du Zugang zu allen Teilen?
  • Das wöchentliche Redaktionstreffen könnte vom Morgen auf den Abend verschoben werden- kannst du dennoch teilnehmen?
  • Es wird ein Interview mit dem Präsidenten des Landes geben- kannst du zu seiner Residenz fahren und das Interview führen?
  • Kannst du sicher sein, niemals so etwas gehört zu haben wie: „ du bist anders.“ oder „Machen deine Leute solche Dinge auch?“
  • Das Radio benötigt einen neuen Projektkoordinator- gibt es die Chance, dass du dich für die Stelle bewirbst?
  • Deine Kollegen planen einen Ausflug zur Disco, um ein Jubiläum zu feiern- kannst du ohne Probleme mitfahren?
  • Werden deine Programme geschätzt wegen ihrer ( Minderheiten )Sprache oder ethnischem Hintergrund und nicht für den Inhalt?
  • Dein Radio wurde ins Rathaus eingeladen zur Auszeichnung- wirst du dorthin geschickt?

Informationen zur Übung

Bewegungsaktivität, um Aufmerksamkeit auf gesellschaftliche Ungleichheit zu erhöhen - diese Aktivität zielt darauf, Empathie gegenüber anderen zu entwickeln, indem man sie in Situationen versetzt, denen sie in ihrem täglichen Leben begegnen können, und sie in den Fußstapfen eines anderen wörtlich ein paar Schritte gehen lässt.

Teilnehmende werden verstehen

  • Ihre eigene Stellung in der gesellschaftlichen Hierarchie
  • Wie Menschen in der Minderheit oder anders benachteiligte fühlen mögen
  • Wie wahrgenommene „kleine Differenzen“ bezüglich Identität und Privileg beachtliche Auswirkungen haben können

Infrastruktur

Ein Raum mit genug Platz für die Teilnehmenden zum Vorwärtsbewegen

Material

Identitätskarten (neben diesen bist du ermutigt, eigene anzufertigen, siehe Hinweise für die Übungsleitung)

Dauer

30-60 Minuten (abhängig von abschließender diskussion)

Empfohlene Teilnehmendenanzahl

Mindestens 4-5, um die Ergebnisse sichtbar zu machen, bis zu 15, abhängig von der Raumgröße

Hinweise für die Übungsleitung

Die Identitätskarten beziehen sich auf die deutsche Gesellschaft um 2010. Eigene Aktivitätskarten können den Einfluss auf diese Aktivität erheblich verbessern. Du kannst dich auf spezifische Minderheiten konzentrieren oder sie an die gesellschaftliche Wirklichkeit deines Landes/deiner Region anpassen. Du kannst auch die Abschlussdiskussion auf diese Weise darauf ausrichten.

Nach der Aktivität ist es für die Teilnehmer wichtig, etwas Zeit aufzuwenden um zu diskutieren, warum sie entschieden haben, dass ihr Charakter sich vorwärts bewegen konnte oder nicht. Zum Beispiel, welche gesellschaftlichen Auffassungen(Stereotype) oder internationale Vorurteile ihre Entscheidungen beeinflusst haben. Es ist wichtig zu betonen, dass wir alle Vorurteile besitzen und dass es notwendig ist, ihrer gewahr zu sein und sich Zeit zu nehmen, unsere Anschauungen zu hinterfragen.

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